Dies hat das Landgericht Rostock mit Urteil vom 15.03.2017 (Az.: 10 O 664/11 (3)) entschieden. Die Anwendung einer Außenseitermethode unterscheide sich von herkömmlichen, bereits zum medizinischen Standard gehörenden Therapien vor allem dadurch, dass in besonderem Maße mit bisher unbekannten Risiken und Nebenwirkungen zu rechnen sei. Der behandelnde (Zahn-)Arzt müsse zwar nicht stets den sichersten therapeutischen Weg wählen, er müsse sich jedoch bei Anwendung einer Außenseitermethode eingehend mit den Risiken für den Patienten auseinandersetzen und diese im Verhältnis zu den Heilungschancen abwägen.
Die klagende Patientin ließ sich in der beklagten Zahnarztpraxis nach umfangreicher ärztlicher Beratung über die Möglichkeit des Einsatzes von Disk-Implantaten bei Patienten mit nicht ausreichendem Knochenmaterial von dem behandelnden Beklagten zu 2) acht nicht erhaltungswürdige Zähne im Oberkiefer entfernen und vier Disk-Implantate einsetzen, auf denen eine Brücke aufgebracht wurde. Nach ungefähr zwei Jahren suchte die Klägerin die Beklagte wegen starker Schmerzen im Bereich eines Implantates sowie einer Entzündung an einem der Implantate auf. Die Beklagte entfernte sodann die vier eingesetzten Disk-Implantate.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch wegen zahnärztlicher Fehlbehandlung im Rahmen einer Versorgung mit Zahnersatz, so das Landgericht Rostock. Nach dem eingeholten und überzeugenden Sachverständigengutachten sei die Durchführung der Zahnoperation lege artis erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt der Anwendung einer Außenseitermethode ergebe sich auch keine andere Bewertung. Allein die geringe Verbreitung der zahnärztlichen Behandlung mit Disk-Implantaten in Deutschland führe schon nicht dazu, dass es sich nicht um eine allgemein anerkannte Heilmethode handele. Zwar gäbe es keine Leitlinien zum Einsatz und zur Verwendung von Disk-Implantaten. Die Anwendungshinweise würden sich jedoch aus den Herstellerhinweisen und der dazu ergangenen Literatur ergeben.
Darüber hinaus seien Ansprüche aus einem etwaigen Aufklärungsmangel verjährt, unabhängig davon, ob ein solcher überhaupt vorliegen würde. Bei ärztlichen Behandlungsfehlern beginnt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB erst, wenn der Patient Kenntnis von solchen Tatsachen erlangt, aus denen sich für ihn als medizinischen Laien ergibt, dass der Arzt von dem üblichen medizinischen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach ärztlichem Standard erforderlich waren. Bei der Verletzung einer Aufklärungspflicht ist Kenntnis darüber erforderlich, dass das nach der Behandlung verwirklichte Risiko der Schädigung dem behandelnden Arzt bekannt war oder hätte bekannt sein müssen und er deshalb hierüber hätte aufklären müssen. Aus der Korrespondenz der Klägerin mit ihrer Haftpflichtversicherung ergebe sich, dass die Klägerin bereits im Oktober 2007 dezidiert Kenntnisse über sämtliche von ihr behaupteten Fehlbehandlungen bzw. über die unzureichende Aufklärung hatte, sodass sie spätestens am 31.12.2010 hätte Klage erheben müssen. Die Verjährung habe dementsprechend durch die am 29.06.2011 beim Landgericht Rostock eingegangene Klage nicht mehr gehemmt werden können. |  | | RA Jens-Peter Jahn | | | |
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